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Wo ist der Schatten? von den Smilies

Die Texte von Matthias Hoppe erscheinen in Schwarz, die der Smilies in Orange.

 

Kapitel I: Der schwarze Mann

Felix ist auf dem Weg zum Spielplatz. Unterwegs sieht er plötzlich, dass jemand direkt neben ihm läuft. Aber es ist kein Mensch. Es ist auch kein Hund oder eine Katze. Dieser Jemand kann auch nicht aufrecht gehen, sondern schleicht am Boden entlang und ist ganz platt und nur schwarz. Und er macht immer dasselbe wie Felix: Wenn er stehen bleibt, dann bleibt sein Begleiter auch stehen – und zwar haargenau im selben Moment. Wenn Felix auf einem Bein hüpft, dann hüpft der ebenfalls.
„Hallo, wer bist du?“, fragt Felix den Fremden. „Musst du mir alles nachmachen?“ Felix geht über den Zebrastreifen hinüber zum Park, wo der Spielplatz ist. Der schwarze Unbekannte geht mit und weicht nicht von Felix' Seite.
Da hat Felix einen Geistesblitz und fasst sich an den Kopf: Na klar, das ist sein Schatten! Meine Güte, wie konnte er nur so blöd sein! Felix muss über sich selbst lachen. Wenn die Sonne scheint, gibt es Schatten, ist doch logisch! Er rennt zum Spielplatz, bleibt aber nach ein paar Schritten erschrocken stehen: Sein Schatten ist plötzlich verschwunden! Neben Felix ist kein schwarzer Mann mehr. „Wo ist mein Schatten?“ Er schaut sich um – und entdeckt ihn vor sich auf dem Weg zum Spielplatz, wie er zu den Spielgeräten sprintet.  'Na warte', denkt Felix, 'dich krieg ich!' Und er rennt hinterher.

Und er rennt hinterher. Aber der Schatten ist schneller. Er rennt zum Klettergerüst und ist auf einmal weg. Der Junge ist wie erstarrt. Wo ist sein Schatten hin? Felix klettert auf das Gerüst und überlegt, ob er sich das vielleicht alles eingebildet hat. Er schaut neben sich, wo der Schatten eigentlich sein müsste. Und tatsächlich: Er ist wieder da!

„Wo bist du gewesen?“, fragt er seinen Schatten. Der lacht: „Ha! Du hast ja keine Ahnung! Schatten sind selbstständig und können immer und überall hingehen, wohin sie wollen. Das wirst du noch sehen!“ Kaum hat er das gesagt, ist er schon wieder verschwunden. 'So ein Mist!', denkt Felix, 'das gibt’s doch wohl nicht! Ein Schatten, der einfach macht, was er will?' Da sieht er, wie der Schatten über den Spielplatz rennt und auf den See zusteuert.

Er starrt ihm verwundert nach. War das alles nur eine Illusion gewesen? Verwirrt klettert Felix langsam das Gerüst hinunter und schlürft geistesabwesend zu den Schaukeln. Auf einmal hört er schwere Schritte. Es nähert sich eine schwarze Gestalt, die sich rasch auf ihn zu bewegt. Felix schleicht langsam hinter ein Gebüsch und beobachtet die auffällige, sich umschauende Person. Plötzlich huscht etwas Schwarzes über den Boden. Was ist es? Erschrocken stellt er fest, dass es sein Schatten ist! Er sieht, wie die beiden sich unterhalten. Felix versucht, das Gespräch zwischen ihnen zu belauschen. Wegen des plötzlich aufkommenden Windes versteht er nur drei Wörter: "Weltherrschaft“, „wollen“ und „wir." Was kann das bedeuten?

 

Kapitel II: Verschwunden

'Oh, meine Güte', denkt Felix, 'das ist nicht gut! Dieser schwarze Mann hat einen schlechten Einfluss auf meinen Schatten. Was soll ich bloß machen?' Er muss den schwarzen Mann verjagen. Aber wie? Plötzlich entdeckt er unter dem Gebüsch einen dicken, langen Ast. Er greift danach – und schleudert ihn zu dem schwarzen Mann. Der Ast trifft ihn mitten ins Gesicht, so dass seine Nase blutet. Schmerzerfüllt greift er sich an die Nase. Dadurch hat er jetzt auch eine blutige Hand. Aber er kann kein Blut sehen, davon wird ihm immer schlecht. Er gerät total in Panik und ergreift die Flucht. 'Na, das hat ja wunderbar geklappt', denkt Felix und hält Ausschau nach seinem Schatten. Aber der ist ebenfalls verschwunden.

Er tritt hinter dem Gebüsch hervor. Verwundert starrt Felix auf den blutroten Fleck, wo der unheimliche Mann und sein Schatten gestanden haben. Auf einmal glitzert etwas in der Wiese. Felix nähert sich dem kleinen Gegenstand. Neugierig hebt er eine kleine Krawattennadel auf und betrachtet sie genauer. Sie ist silbern und mit kleinen hübschen Verzierungen bestückt.

'Die gehört bestimmt diesem unheimlichen Mann', denkt Felix und untersucht die Krawattennadel. 'Ob das echtes Silber ist? Ich glaube nicht, denn so reich sah der Mann nicht aus.' Und er steckt sich die Krawattennadel ans Hemd. Jetzt will er sich aber auf die Suche nach seinem Schatten machen. Von der Blutlache aus gehen kleine Blutspuren am Boden entlang. Das muss der Weg sein, den der Mann gegangen ist. Felix folgt den Spuren. Unterhalb eines Baumes enden die Spuren aber plötzlich und er hört eine Stimme: „Jetzt gehörst du für immer mir!“ Felix schaut zum Baum hinauf: Da sitzt dieser Mann auf einem Ast – und neben ihm der Schatten!

 

Kapitel III: Der Schaukel-Trick

Der Finstere spricht weiter auf den Schatten ein. Doch der Mann entdeckt Felix und fliegt mit dem Mantel zu Felix hinunter. Dem Jungen stockt der Atem. Versteinert und mit entsetzten, aufgerissenen Augen beobachtet er die Person, die durch die Luft fliegt. Mit einem dumpfen Poltern landet der Mann hinter Felix. Reflexartig nimmt er im Handumdrehen seine Karate-Stellung ein. „Oh jemand hat mir zugehört!“, haucht der Mann bösartig.

„Was machst du mit meinem Schatten?“, faucht Felix den Mann an, „der ist mein Eigentum! Niemand hat das Recht, ihn zu klauen!“ Aber der Mann lacht ihn nur aus: „Pech gehabt, mein Junge. Hättest halt besser auf ihn aufpassen müssen! Und jetzt gehört er mir.“ Felix ist verzweifelt und ruft zum Schatten hinauf: „Hey, du bist doch mein Schatten! Was willst du denn mit diesem alten Knacker? Der ist nur böse! Komm runter und dann gehen wir nach Hause.“ Aber der Schatten rührt sich nicht und sagt kein Wort. „Was hast du mit meinem Schatten gemacht?“, schreit Felix den Mann an, „hast du ihn verhext?“

Der finstere Mann gibt ihm keine Antwort. Felix schreit noch einmal: „Was hast du mit meinem Schatten gemacht!?“ Er antwortet: „Das wirst du nicht herausfinden.“ Und plötzlich verschwinden der Mann und der Schatten. Felix schaut sich um. „Hallo, ist da jemand?“ Er sieht niemanden und bekommt auch keine Antwort. Er beschließt, nach Hause zu gehen und eine Nacht darüber zu schlafen. Am nächsten Tag nach dem Frühstück begibt er sich auf den Weg zum Spielplatz. Da es noch sehr früh ist,sind noch keine Kinder zu sehen. Er schleicht sich hinter einen Busch, kniet sich hin und schaut sich um, ob die beiden in der Nähe sind. Nach kurzer Zeit hört er ein Knacken hinter sich. Er dreht sich um und erblickt den schwarz gekleideten Mann. Der sagt: „Du möchtest also weiterhin deinen Schatten zurück?“ Felix sieht ihn sprachlos an. Er bekommt keinen Satz heraus, denn er hat vor dem finsteren Mann Angst. Ihm läuft schon der Schweiß herunter. Doch er ist stark, steht auf und sagt: „Ja, unbedingt! Und dafür werde ich kämpfen!“ Der Mann sagt lachend: „Das denkst du wohl.“

Felix überlegt. Auf einen Ringkampf oder Boxkampf mit dem Mann kann er sich nicht einlassen, da würde er garantiert verlieren. Es muss ihm etwas Trickreiches einfallen, das den Bösewicht überrascht und außer Gefecht setzt. Plötzlich sieht er, wie der finstere Mann zusammen mit dem Schatten über den Spielplatz gehen will. Vielleicht ist das die Gelegenheit! Er rennt zur Schaukel, und als der Mann in die Nähe der Schaukel kommt, zieht Felix das Schaukelbrett schnell nach hinten und schleudert es dann mit aller Wucht nach vorne. Das Brett trifft den Mann mitten im Gesicht. Er blutet und fällt bewusstlos um. Felix sagt zu seinem Schatten, der daneben steht: „Geschafft!! Kommst du jetzt mit nach Hause?“

 

Kapitel IV: Wieder vereint

Der Schatten räuspert sich und spricht mit rauer Stimme: „Warum hast du ihn niedergeschlagen?“ Der Junge erwidert verwirrt: „Na, weil er böse ist und dich nur ausnutzt.“ Der Schatten lacht nur und sagt: „Was redest du denn da? Er nutzt mich doch nicht aus!“ Auf einmal taucht wie aus dem Nichts der Mann auf. Erschrocken schnappt Felix nach Luft. Es läuft ihm eiskalt den Rücken runter. Der Unheimliche packt den Jungen grob am Kragen und schüttelt ihn. Er schreit: „Was fällt dir ein, mir die Schaukel ins Gesicht zu schlagen!?“ Verzweifelt versucht der Junge sich zu befreien und bekommt vor Angst keinen Ton heraus. Der Schatten beobachtet entsetzt die Szene und schreitet ein. Er zieht Felix von dem Mann weg. Verwundert fragt der schwarze Mann den Schatten mit düsterer Stimme: „Was soll das? Du stehst unter meinem Befehl!“ - „Jetzt nicht mehr!“, erwidert der Schatten und flüstert Felix zu: „Verschwinden wir!“ Gemeinsam rennen sie weg.

Auf dem Weg nach Hause sagt der Schatten: „Entschuldige, Felix, dass ich nicht gleich erkannt habe, wie böse dieser Mann ist. Danke, dass du mir die Augen geöffnet hast!“ - „Und, bleibst du jetzt für immer bei mir?“, fragt Felix. „Ja“, sagt der Schatten, „aber nur, wenn ich zwischendurch auch mal alleine einen kleinen Ausflug machen darf. Und ich verspreche dir: Ich werde immer wieder zu dir zurück kommen. Und mit fremden Männern gehe ich nie mehr mit! Großes Ehrenwort!“