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Wo ist der Eisbär?

Die Texte von Matthias Hoppe erscheinen in Schwarz, die von Raul in Orange.

Kapitel I: Wo ist der Eisbär?

Im Zoo von Hintertupfingen herrschte große Aufregung: Über Nacht war einer der Eisbären verschwunden! Er hieß Bruno. Der war morgens einfach weg.
Der Zoodirektor und alle Wärter machten sich natürlich sofort auf die Suche. Sie schauten bei den Affen nach – nichts. Auch bei den Giraffen und Kamelen war kein Eisbär zu finden, ebenso wenig bei den Krokodilen, Nashörnern oder Elefanten. Der Zoodirektor und die Wärter suchten den ganzen Zoo von Hintertupfingen ab.
Nach fünf Stunden meinte der Zoodirektor: „Wahrscheinlich ist er gar nicht mehr im Zoo! Wir müssen eine Durchsage im Radio machen.“
Im Radio sagten sie dann: „Wer hat einen Eisbären gesehen? Er hört auf den Namen Bruno. Wahrscheinlich irrt er hilflos umher. Wer ihn entdeckt, möchte bitte sofort anrufen.“

Nach zwei Stunden fand Fabian den Eisbären in einer Nebenstraße. Bald kamen auch die Wärter. Sie hatten ein Gewehr und schossen damit einen Betäubungspfeil auf Bruno. Der fiel ohnmächtig um. Die Wärter hoben ihn vom Boden auf und steckten ihn ins Auto. Nach fünf Stunden wachte er wieder auf und bemerkte, dass er zurück im Zoo war.

Aber dort war es ihm fürchterlich langweilig und er beschloss, in der nächsten Nacht wieder abzuhauen. Als es dunkel geworden war, kletterte er über die Mauer des Eisbären-Geheges, lief bis zum Zaun des Zoos und buddelte ein großes Loch unter dem Zaun hindurch. So kam er in die Freiheit. Aber es war ja noch Nacht. Da konnte er nicht viel unternehmen. Also versteckte er sich in einer Garage, bis es hell geworden war. Dann machte er sich auf den Weg zum Volksfest. Er wollte unbedingt Achterbahn fahren.

Aber vorher verkleidete er sich noch als junger Mann. Auf dem Weg zum Volksfest klaute er ein Eis und ein Lebkuchenherz. Dann ging schnell in Richtung Achterbahn; aber er war erstaunt, als er die vielen Lichter sah. Deswegen ging er immer langsamer. Als er endlich bei der Achterbahn war, schlich er sich in einen der Wagen und fuhr mit. Aber während der Fahrt fiel ihm der Hut ab, ohne dass er es bemerkte.  Als er ausstieg, entdeckte ihn jemand und rief beim Zoo an. Die Wärter kamen und schossen ihm schon wieder einen Betäubungspfeil ins Fell. Dann steckten sie ihn zum zweiten Mal  in den Wagen und brachten ihn erneut in den Zoo zurück.

Kapitel II: Flucht mit Freunden

Aber Bruno war es im Zoo fürchterlich langweilig. 'Was soll ich bloß tun?', dachte er. Da kam ein Elefant vorbei. Der war aus dem Elefantenhaus abgehauen. Er blieb vor dem Graben des Eisbären-Geheges stehen und fragte Bruno: „Hast du Lust auf einen Spaziergang? Wir könnten mal alle anderen Tiere besuchen!“ Aber Bruno wusste nicht, wie er aus seinem Gehege herauskommen könnte. Denn die Wärter hatten die Mauern noch höher gebaut. Nur am Graben war keine Mauer, nur ein Zaun am Weg. „Pass auf!“, rief der Elefant. Und er streckte seinen langen Rüssel über den Zaun und den Graben. „Jetzt kletterst du auf meinem Rüssel einfach zu mir herüber, und dann gehen wir zusammen auf Abenteuer-Tour!“

Bruno ging über den Rüssel. Als erstes spazierten sie zum Löwen, aber der schlief. Obwohl sie sich angeschlichen hatten, wachte  der Löwe plötzlich auf und fragte: „Was macht ihr?“ - „Wir machen ein Spaziergang“, sagte Bruno. „Kann ich mitkommen?“, fragte der Löwe. Da sprang ein Affe über den Rücken des Elefanten und fragte: "Kann ich auch mitkommen? In meinem Käfig ist es fürchterlich langweilig!“ Der Elefant antwortete: "Ja, du kannst mitkommen; je mehr wir sind, desto besser!" Aber plötzlich sahen sie ein starkes Licht.

Das Licht kam von einem Pfau. Der hatte mit seinen langen Federn ein Rad geschlagen. Und am Ende jeder Feder, dort, wo normalerweise ein Muster wie ein Auge zu sehen ist, befand sich ein kleiner Scheinwerfer – an jeder Feder einer. Der Eisbär, der Elefant, der Affe und der Löwe waren von diesem hellen Licht so geblendet, dass sie sich erst mal die Augen zuhalten mussten. Dann rief Bruno zu dem Pfau hinüber: „Kannst du mal deine irre Beleuchtung ausmachen? Man kann ja gar nichts sehen! Wozu brauchst du überhaupt so eine Flutlichtanlage?“

Bruno beruhigte Sitt, den Löwen, den Elefanti, und Dodo, den Affen, und sagte, dass der Pfau ein Freund von ihm sei, den er bei einem Fest kennengelernt habe. Der Pfau wollte ihnen helfen, aus dem Zoo zu fliehen. Als sie es geschafft hatten, auszubrechen, kamen sie nach einer Weile zu einem großen Meer und sahen viele große Boote. Sie blieben erstaunt stehen und beschlossen, mit einem der Boote zu verreisen. Als sie alle ins  Boot gestiegen waren, fiel plötzlich Dodo, der Affe, hinunter und schrie:

„Hilfe, Hilfe, ich kann nicht schwimmen!“ Er strampelte wie wild im Wasser herum. „Halt sofort das Boot an!“, rief Bruno dem Steuermann zu. Der stoppte das Boot, schnappte sich einen Rettungsring mit Leine und warf ihn ins Wasser. Dodo konnte den Rettungsring auch erreichen, und der Steuermann zog ihn mit der Leine zum Boot. „Aber wie komme ich jetzt zu euch rauf?“, rief Dodo; denn das Boot hatte keine Leiter. Wie gut, dass Elefanti mit an Bord war! Er streckte seinen langen Rüssel hinunter zu Dodo, und der konnte daran ins Boot klettern. Das war ja noch mal gut gegangen! „Und wo fahren wir jetzt hin?“, wollte Sitt wissen.

Kapitel III: In einem fernen Land

Nachdem Dodo wieder auf dem Schiff war, kam ein starkes Gewitter mit Sturm auf und sie verloren die Route. Der Kapitän sagte:"Wir können nicht nach Afrika!" Nach ein paar Stunden kamen sie zu einer Küste und Dodo fragte: "Wo sind wir?" Darauf antwortete der Kapitän:" Wir sind in Brasilien; das ist meine Heimat!"

„Aber ich kann kein Wort Brasilianisch!“, protestierte Dodo. Der Kapitän lachte: „Hier spricht man Portugiesisch.“ - „Das kann ich erst recht nicht!“, sagte Dodo und war beleidigt. „Wir auch nicht!“, riefen Sitt, Bruno, Elefanti und der Pfau. „Wie sollen wir uns hier unterhalten?“ Aber der Kapitän beruhigte sie und meinte, Portugiesisch sei ja seine Heimatsprache. Deshalb würde er den Dolmetscher spielen und alles übersetzen. „Ich habe riesigen Hunger!“, sagte Sitt, „am besten, wir gehen erst mal in ein Restaurant.“ Der Kapitän runzelte die Stirn: „Ich weiß nicht, ob die Leute es so lustig finden würden, wenn da ein paar wilde Tiere reinkommen und essen wollen.“ Aber die anderen fanden den Vorschlag super: „Los, ins nächste Restaurant!“ Sitt meinte streng: „Und du, Kapitän, musst uns übersetzen, was auf der Speisekarte steht!“

Sitt rief: "Wir verkleiden uns besser, damit uns keiner erkennt !" Als sie ein Restaurant gefunden hatten, hörten sie auf einmal laute Melodien, die nicht weit entfernt waren. Sie liefen hin und sahen viele Lichterketten. Und Vögel tanzten zu der Musik. Plötzlich entdeckten sie einen blauen Papagei, der ebenfalls tanzte. Dodo rief: "Hey, du blauer Papagei, wohin fliegst du?"
Der Papagei antwortete laut: "Ich heiße Rio und ich fliege zu einem großen Fest, wo es viel Essen gibt!" Als die anderen das hörten, sagten sie zu Rio: "Warte! Wir kommen mit!"

Papagei Rio flog voraus, und die anderen folgten ihm. Nach einer Weile kamen sie zu einer großen Wiese, auf der sich viele Tiere versammelt hatten: Wölfe, Füchse, Waschbären, Biber, Rehe und Hirsche, Störche, Eulen und viele, viele mehr. Aus zwei Lautsprechern tönte schöne Musik. Viele Tiere tanzten dazu. Und in der Mitte der Wiese war das Essen zubereitet. Da gab es Schweinebraten, Koteletts, Schnitzel, gebratene Hähnchen, aber auch Fisch. Und Pommes, Gemüse und Salat. Dazu viele Getränke. Bruno fragte Rio: „Aber dürfen wir hier einfach mitessen?“ - „Moment, ich spreche mal mit dem Chef“, sagte Rio. „Wer ist denn hier der Chef?“, wollte Dodo neugierig wissen.

Als Rio zurück kam, sagte er: "Der Chef heißt Stich". Sitt fragte: "Wann kriegen wir endlich etwas zu essen?" - „Gleich“, sagte Rio, „aber dafür müsst ihr für Stich noch ein paar Aufgaben erfüllen. Danach dürft ihr was essen. Als erstes müsst ihr zu einem Markt gehen und Essen stehlen.“ Dodo wusste aber nicht, wie sie das schaffen sollten. Da sagte Bruno: "Wir können uns verkleiden; das haben wir ja schon einmal gemacht." Bruno verkleidete sich als Mann,  Dodo als Frau und der Pfau als Kind. Elefanti konnte nicht mitkommen, denn für diese Aktion war er zu groß.

Kapitel IV: Eine Diebestour und die Heimkehr

Also gingen Bruno, Dodo und der Pfau zu einem Markt. Sie überlegten, ob bei dem Mittagstisch auf der Wiese irgend etwas gefehlt hat. Genau: Obst! Aber irgendwie mussten sie den Obstverkäufer ablenken. Der Pfau, der als Kind verkleidet war, fing plötzlich wie wild an zu schreien. Dodo als Mutter versuchte ihn zu beruhigen. Dadurch schaute der Verkäufer nicht mehr auf sein Obst, sondern nur noch zu dem schreienden Kind und seiner Mutter. Schnell griff Bruno zu und schnappte sich, was er in die Jackentasche stopfen konnte: Äpfel, Birnen, Kirschen, Pfirsiche und eine Ananas. Der Verkäufer hatte nichts gesehen. „Okay, wir können gehen“, sagte Bruno. Sofort hörte der Pfau (das Kind) auf zu schreien. Dodo meinte: „Das haben wir also geschafft. Ich bin gespannt, welche Aufgaben der Chef Stich noch für uns hat, bevor wir endlich etwas essen dürfen. Ich habe solchen Hunger!“

Als Dodo, Bruno und der Pfau vom Markt zurück kamen, war die Freude riesengroß, dass sie auf dem Markt etwas geklaut hatten. Aber diese Freude war weg, als sie sahen, dass kein Essen mehr für sie übrig geblieben war. Plötzlich kam Stich und sagte mit grausamer Stimme: "Wo habt ihr mein Obst? Das will ich selber essen!!! Für euer Essen müsst ihr noch arbeiten. Ihr müsst  Teller abwaschen und das Ganze hier sauber machen!" Dodo, der Pfau und Bruno waren sehr enttäuscht! Dodo schrie laut: "Ich will wieder auf dem Schiff sein, aber ich sehe den Kapitän nicht mehr! Wo ist er??? Der ist weg! Was machen wir denn jetzt?" „Wir müssen schnell von hier abhauen!", meinte Bruno.

Und weil sie keine Lust hatten, Geschirr abzuspülen und auf der Wiese aufzuräumen, gingen sie zum Hafen und suchten das Schiff. Nach einer Weile fanden sie es auch. Es war an der Hafenmauer festgebunden. Aber der Kapitän war nicht da. Bruno, Dodo, Sitt, Elefanti und der Pfau gingen an Bord und suchten zuerst nach etwas Essbarem. Aber sie fanden nur zwei Tüten mit Erdnüssen. Davon wurden sie natürlich nicht satt. „Ach“, sagte Bruno, „am liebsten wäre ich wieder zu Hause in meinem Zoo. Da habe ich jeden Tag genug zu essen bekommen, ohne dass ich etwas dafür tun musste.“ Die anderen nickten: Ja, das stimmte; im Zoo mussten sie nie hungern. „Sollen wir zurückfahren?“, fragte Sitt, der Löwe. „Aber wir haben keinen Kapitän!“, sagte Bruno. „Dann bin ich jetzt der Kapitän“, meinte Elefanti und grinste, „das schaffe ich schon.“ Und er stellte sich ans Steuerrad. Dodo löste das Seil von der Hafenmauer, und dann ging's los.

Als sie nach vielen Stunden in ihrem Land und im Zoo angekommen waren, brüllte Bruno: "Ach, bin ich froh, wieder zu Hause im Zoo zu sein!" Darauf Elefanti: "Ich bin auch froh, wieder im Zoo zu sein!" Sitt meinte: "Wir haben viele Abenteuer erlebt, aber jetzt ist es an der Zeit, wieder in unsere Käfige zu gehen!" Dann verabschiedeten sich alle voneinander und gingen in ihre Käfige. Elefanti half Bruno und Sitt dabei. Und alle waren glücklich.