Kids & Teens

Das ärgerliche Gespenst von L-L-J-A

Die Texte von Matthias Hoppe erscheinen in Schwarz, die von L-L-J-A in Orange.

 

Kapitel I: Um Mitternacht in der Schule

In einer großen Höhle im Wald wohnen die Gespenster. Das kleinste Gespenst heißt Cristobal.  Er kann mit seiner Stimme alle möglichen Tiere nachmachen und erschreckt damit nachts die Kinder.  
Eines Abends wacht Cristobal auf und freut sich mal wieder, in die Stadt zu fliegen und die Kinder zu erschrecken. Doch als das Obergespenst ihn fragt, welche Kinder heute Nacht an der Reihe sind, erschrickt Cristobal fürchterlich. Denn er will antworten - und kann nicht. Seine Stimme ist weg. Keinen Ton bringt er heraus.
Auf der Kirchturmuhr ist es gleich Mitternacht. Die Gespenster flattern durch die Straßen. Cristobal flattert auch. Zum Haus, in dem Patrick wohnt. Leise schlüpft Cristobal ins Kinderzimmer. Dort nimmt er den Sack ab, den er heute mitgenommen hat, öffnet ihn und lässt hunderte von Glühwürmchen frei, die er eingesammelt hatte. Damit will er Patrick erschrecken, weil er ja keine Stimme mehr hat.
Patrick ist aufgewacht. Vorsichtig blinzelt er ins dunkle Kinderzimmer – aber das Zimmer ist gar nicht dunkel. Überall schwirren kleine, leuchtende Punkte durch die Luft, so wie winzige Glühbirnen. Das ganze Zimmer ist voll. 'Das ist aber toll', denkt Patrick. 'So eine Beleuchtung hatte ich noch nie! Aber das ist sicher nur ein Traum!' Und er schläft wieder ein. - Cristobal sitzt in einer Ecke und ärgert sich. Eigentlich wollte er Patrick mit seinen Glühwürmchen erschrecken. Und jetzt freut der sich! So ein Ärger! In diesem Moment fliegt ein freches Glühwürmchen direkt in Cristobals geöffneten Mund! Der ärgert sich jetzt noch mehr. Was soll denn aus dieser Gespensternacht noch werden?

Nachdem er das Glühwürmchen verschluckt hatte, bekam er einen hellgelben Bauch.
Dann flog er zu Lauras Zimmer. Das Fenster stand weit offen, so konnte Cristobal hinein fliegen. Vorsichtig stupste er das 7-jährige Mädchen an der Schulter. Sie quengelte: „Ich möchte nicht in die Schule!“ Cristobal öffnete die Zimmertür. Plötzlich wachte Laura auf; die knarzende Tür hatte sie geweckt. Sie sah auf die beleuchtete Uhr. Es war Mitternacht: „Aaaaah, Geisterstunde!“

Cristobal hatte aber keine Glühwürmchen mehr, um Laura zu erschrecken. Und sprechen oder Tierstimmen nachmachen konnte er auch nicht. Außerdem leuchtete sein Bauch jetzt hellgelb. Was sollte er tun? Ihm fiel absolut nichts ein. Und Laura in ihrem Bett wartete auf die Geisterstunde. Irgendwann war sie aber gelangweilt und dachte: 'Ist doch alles Blödsinn! Es gibt keine Geister oder Gespenster.' Und sie schlief wieder ein. - Plötzlich hatte Cristobal eine Idee: Er verstellte die beleuchtete Uhr so, dass jetzt nicht Mitternacht war, sondern morgens um 7 Uhr. Dann knarzte er mit der Zimmertür so lange und so laut, bis Laura wieder aufwachte. Sie blickte auf die Uhr: 'Meine Güte, schon 7 Uhr! Ich muss aufstehen!'

Laura zog ihre Schuluniform an, putzte sich die Zähne, frühstückte und ging in die Schule. Als sie an der Schule ankam, schlug es 24:00 Uhr. 'Oh,', dachte sie, Geisterstunde! Dann ist ja noch gar keine Schule!' Christobal wartete im Haus von Laura. Als Laura zurück kam, erschrak er sich so, dass das Glühwürmchen aus seinem Mund flog und er wieder sprechen konnte. Er sang: „Und die Chöre singen für mich, oh, oh, oh, oh, oh, oh, ohhhhhhh, und die Chöre singen für mich."

 

Kapitel II: Ein neuer Freund

Aber davon erschrak Laura überhaupt nicht. Im Gegenteil: Sie sang einfach mit und fand es lustig. Jetzt ärgerte sich Cristobal fürchterlich. 'Dumme Göre!', dachte er, 'dir werde ich zeigen, was Gespenster alles können! Du wirst noch einen Riesenschreck bekommen!' Und weil er seine Stimme wieder hatte, plusterte er sich auf und grunzte wie ein Schwein. Laura kicherte los: „Hoppla, sind wir jetzt hier auf dem Bauernhof?? Na warte! Was du kannst, kann ich schon lange!“ Und sie muhte wie eine Kuh – doppelt so laut wie  das Gegrunze. Cristobal ärgerte sich noch mehr. Gab es denn gar nichts, womit er dieses freche Mädchen erschrecken konnte?

Cristobal heulte wie ein Wolf. Laura lachte das Gespenst nett an, und fragte: „Möchtest du mein Freund sein?“ - „Ja“, antwortete Cristobal,“natürlich!“ Und sie spielten zu Hause heimlich Playmobil bis 1:00 Uhr. Dann verabschiedete sich Cristobal von Laura und flog in die  Geisterhöhle zurück. Laura vergaß diesen Tag nie.

Zu Hause bei den anderen Gespenstern musste Cristobal lange nachdenken. Laura war ein sehr nettes Mädchen und jetzt waren sie Freunde. Aber eigentlich war er ein Gespenst, das Kinder erschrecken sollte. Und das hatte überhaupt nicht geklappt. Laura war wahrscheinlich sehr clever hatte ihn deshalb völlig ins Leere laufen lassen. Cristobal kam sich ziemlich bedröppelt vor. „Leute“, rief er den anderen Gespenstern zu, „wer hat eigentlich bestimmt, dass wir Kinder erschrecken müssen? Können wir ihnen nicht einfach Gutes tun und Freundschaften mit ihnen schließen?“ Da protestierten alle anderen Gespenster ganz laut: „Spinnst du? Wir sind doch Gespenster! Deshalb ist es unsere Aufgabe, Kinder zu erschrecken!“ Und Cristobal ärgerte sich schon wieder fürchterlich – diesmal über die anderen Gespenster. Er überlegte, wie er sie von seiner Idee mit den Freundschaften überzeugen könnte.

Cristobal hatte ein besonderes Merkmal: Er war kleiner als die anderen Gespenster und hatte blaue Augen. - Laura sagte ihren Freundinnen, dass sie ihren Wecker auf 24:00 Uhr stellen und sich als Geisterjägerinnen verkleiden sollten. - Nach der Schule gingen Laura und ihre Freundinnen nach Hause zu Laura. Dort trafen sie auf Cristobal.  Der sagte: „Ich bin kleiner als die anderen Gespenster und habe blaue Augen."

Lauras Freundinnen wunderten sich und fragten sie: „Kennst du den? Wer ist das?“ Laura lachte: „Das ist mein neuer Freund. Er heißt Cristobal. Aber eigentlich ist er ein Gespenst.“ - „Was?“, fragte Lauras Freundin Eva, „du bist mit einem Gespenst befreundet? Wie geht denn sowas? Außerdem kommen Gespenster doch immer erst nachts und erschrecken dann die Kinder. Erschreckt Cristobal dich auch immer?“ Laura schüttelte den Kopf: „Das hat er am Anfang zwar probiert, aber er hat's nicht geschafft. Seitdem ist er ganz friedlich und wohnt bei mir. Aber meine Eltern dürfen nichts wissen.“

 

Kapitel III: Der Klingelstreich

„So einen Freund will ich auch!“, rief Eva. „Du, Cristobal, kennst du nicht ein  anderes nettes Gespenst, mit dem ich mich anfreunden könnte?“ Cristobal meinte, dann müsse er mal wieder zu der Gespensterhöhle fliegen und die anderen fragen. „Au ja“, sagte Eva, „machst du das für mich?“ Cristobal nickte und machte sich auf den Weg.

Christobal fand ein weibliches Gespenst. Er meldete es sofort Laura und die sagte es sofort Eva weiter. Sie trafen sich um Punkt Mitternacht und Eva fragte: "Wo ist meine Gespensterfreundin?" Laura antwortete: "Hier ist deine Freundin Agnes.“  Agnes sagte: "Komm, gehen wir in den Freizeitpark spielen und etwas herumspuken." Aber der Freizeitpark war geschlossen.

„Das ist ja ärgerlich“, meinte Eva, „hast du eine Idee, Agnes, was wir sonst tun könnten?“ Agnes überlegte eine Weile und sagte dann: „Wir könnten etwas ganz Verrücktes machen. Kennst du Klingelmännchen?“ - „Du meinst, irgendwo klingeln und dann wegrennen?“ - „Genau.“ Eva kicherte: „Au ja, das wird lustig. Ich nehme diese Straßenseite und du die gegenüber. Also, los!“ Eva ging auf ein Haus zu, drückte sämtliche Klingelknöpfe, lief dann schnell fünf Häuser weiter und machte dasselbe dort. Dann wieder fünf Häuser weiter. Agnes machte es genauso auf der anderen Straßenseite. Am Ende der Straße trafen sie sich wieder und schauten zurück: Überall, wo sie geklingelt hatten, war das Licht angegangen und Leute schauten aus den Fenstern. „Jetzt müssen wir aber nach Hause“, flüsterte Agnes. Im Kinderzimmer kicherten sie dann noch lange über ihren Streich. Und kurz vor dem Einschlafen sagte Eva zu Agnes: „Ich bin ja so froh, dass du jetzt meine neue Freundin bist!“