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Der Kaiserschmarrn

Es war einmal ein Kaiser. Der lebte mit vielen Dienern und Dienerinnen in einem riesigen Schloss. Für jede Arbeit, die es zu tun gab, hatte er seine Leute: Putzfrauen und Putzmänner, Staubwischer und Staubsauger, fünf Köche und drei Geschirrabspüler. Dazu noch Einkäufer, Gemüse- und Salatputzer und zwei Gärtner. Dann hatte der Kaiser noch mehrere Fahrer für seine Autos, einen Piloten für den Hubschrauber, einen Pferdepfleger und einen Zeitungsvorleser. Ein paar besonders hübsche Dienerinnen hatten ganz private Aufgaben: Eine war für das Schneiden seiner Fingernägel und Fußnägel verantwortlich, eine andere fürs Rasieren und Haareschneiden, und eine durfte ihm den Rücken schrubben, wenn er in der Badewanne saß. Er musste also nie etwas selbst tun. Nur aufs Klo ging er alleine.
Und weil der Kaiser nichts zu tun hatte, war ihm ziemlich langweilig. Da kam ihm eine Idee, wie er die Zeit totschlagen könnte. Er ließ sich aus der Küche einen großen Topf und zwei Kochlöffel bringen. Den Topf drehte er um, nahm ihn zwischen die Beine und trommelte mit den Kochlöffeln darauf herum. Die Diener, die das hörten, schüttelten den Kopf. Was war denn mit dem Kaiser los? „Der spinnt“, sagte einer.
Als der Kaiser genug getrommelt hatte, ging er ins Badezimmer, ließ Wasser ins Waschbecken laufen, tauchte sein Gesicht hinein – und blubberte Luftblasen. Die Diener schüttelten schon wieder den Kopf: „So ein Schmarrn!“
Aber dem Kaiser fiel noch mehr ein. Als nächstes ließ er sich Wasserfarben und Pinsel bringen. Er stellte sich vor einen Spiegel und bemalte sein Gesicht: die Nase rot, die Stirn lila, die Backen blau und die Ohren grün. Da meinte einer der Diener: „Unser Kaiser hat wirklich 'ne Meise. Ich glaube, so etwas nennt man Kaiserschmarrn.“ Da protestierte aber einer der Köche: „Kaiserschmarrn ist etwas ganz anderes! Das ist ein zerteilter Pfannkuchen mit Puderzucker obendrauf, dazu gedünstete Zwetschgen- oder Aprikosenstücke. Ich glaube, das werde ich dem Herrn Kaiser heute Abend kochen.“
So servierte der Koch abends diese Süßspeise und sagte: „Herr Kaiser, das ist Kaiserschmarrn! Was Sie heute gemacht haben, war nur Schmarrn! Warum lesen Sie nicht mal ein gutes Buch? Oder malen ein schönes Bild? Oder lernen Sie Klavier spielen. Das klingt viel angenehmer, als auf Töpfen rumzuklopfen.“ - Da wurde der Kaiser ganz rot im Gesicht und schämte sich. Und so kam es, dass er ab diesem Tag keinen Blödsinn mehr machte und auf seine alten Tage sogar noch ein richtig guter Maler und Klavierspieler wurde. Aber einmal in der Woche wünschte er sich einen Kaiserschmarrn – den süßen echten.



© Matthias Hoppe