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Hummer hat Kummer

Es war einmal ein Hummer. Der hatte Kummer. Er konnte nämlich plötzlich eines Abends nicht mehr einschlafen. Dabei war er so müde. Er wälzte sich zwischen den Algen und Felsbrocken hin und her und konnte einfach keinen Schlaf finden.

„Was ist mit dir?“, fragte seine Frau, die Hummerin.

„Ich weiß auch nicht“, sagte der Hummer, „vielleicht ist es der Vollmond. So ein Kummer!“

Die Menschen würden jetzt sagen: Zähl' doch Schäfchen! Eins, zwei, drei, vier Schäfchen und so weiter, und noch bevor du bei Hundert bist, schläfst du tief und fest.  - Meinen die Menschen.

Aber Hummer wissen nicht, was Schäfchen sind, und sie werden auch nie welche kennen lernen. Und sie können auch nicht zählen. Hummer haben nur scharfe Scheren, mit denen sie Muscheln aufknacken.

„Probier's doch mal mit dem Scherenspiel“, meinte die Frau Hummerin: „Leg' deine Scheren ineinander, ganz ruhig und entspannt, so wie Händefalten – und dann kannst du bestimmt einschlafen.“

Der Hummer tat's. Er faltete seine Scheren und wartete.

Aber nach zweihundert Schäfchen, die er ja nicht kannte und nicht sehen und nicht zählen konnte, war er immer noch nicht eingeschlafen.

Da kam ein Aal geschwommen und sah, wie der Herr Hummer sich unruhig am Meeresgrund wälzte. „Was ist denn mit dir los? Kannst du nicht schlafen?“

„Nee, irgendwie geht’s heute nicht“, sagte der Hummer, „so ein Kummer!“

„Ach“, meinte der lange Aal, „ich mach' das immer so: Ich lege mich auf den Rücken und mache die Augen zu. Und dann stelle ich mir auf meinem inneren Fernseher vor, wie ich da liege und schlafe. Das ist ein tolles Bild, wie ich da schlummere! Ich selbst höchstpersönlich in meinem eigenen Fernsehen! Und dann bin ich ganz schnell eingeschlafen und wache erst am nächsten Morgen wieder auf!“

„Ja, das mache ich jetzt auch!“, sagte der Hummer begeistert.

Er legte sich also auf den Rücken, schloss die Augen und ließ seinen inneren Fernseher laufen. Und er sah sich selbst, wie er da lag und schlief.

Bald war er wirklich eingeschlafen und träumte die ganze Nacht von sich  und seiner lieben Hummerin. Das war ein wunderschöner Traum! Und so wurde aus dem Kummer-Hummer wieder ein Schlummer-Hummer.


© Matthias Hoppe