Kids & Teens

Lissy und die Zauberzöpfe

Bei den Kängurus

Lissy hatte zwei geflochtene Zöpfe, ungefähr so lang wie ein Spazierstock, also fast bis zum Boden. Und diese Zöpfe hatten Zauberkräfte – aber nur bei Vollmond! Das hatte Lissy im letzten Monat durch Zufall entdeckt. Sie war mal nachts aufgewacht und konnte nicht mehr einschlafen. Es war eine Vollmondnacht, und Lissy konnte den Mann im Mond sehen.
Weil sie nicht schlafen konnte, zupfte sie an ihren Zöpfen und dachte: 'Wenn ich jetzt in einem Land wäre, wo es Tag und nicht Nacht ist, dann könnte ich etwas unternehmen und die Zeit besser rumkriegen, als hier schlaflos im Bett zu liegen.' Kaum hatte sie das gedacht, musste sie sich die Augen reiben und sah sich um: Sie war nicht mehr in ihrem Kinderzimmer, sondern befand sich am Rand eines Waldes auf einer riesigen Wiese. Es war Tag und die Sonne schien. Plötzlich zupfte etwas von hinten an Lissys Nachthemd. Sie erschrak und drehte sich um: Es war ein Känguru! War sie jetzt in Australien? Da kamen noch mehr Kängurus gehoppelt und beschnupperten Lissy. Ein kleines Mädchen im Nachthemd und mit so langen Zöpfen hatten sie hier noch nie gesehen. 'Meine Güte', dachte Lissy, 'ich glaube, ich bin wirklich in Australien! Und alles nur, weil ich bei Vollmond an meinen Zöpfen gezupft und mir gewünscht habe, in einem Land zu sein, wo es jetzt Tag ist.' Aber sie hatte auch ein bisschen Angst: Waren das friedliche Kängurus? Gab es noch andere wilde Tiere, die vielleicht gefährlich waren? Was würde hier noch alles passieren? Und vor allen Dingen: Wie kam sie wieder nach Hause zurück?

Kapitel II: Überraschung hinter dem Tunnel

Lissy wollte so gerne nach Hause, aber sie blieb und blieb und blieb und blieb. Zwei Stunden später kam eine sprechende Schlange, die sagte: „Ganz bestimmt heißt du Lissy.“ - „Ja, ich heiße Lissy, woher weißt du das?“, fragte Lissy. „Das ist völlig egal, du willst sicher nach Hause; komm, ich zeig dir den Weg.“ Lissy folgte der Schlange, doch am Ende des Weges war ein großer Tunnel. „Du musst da durch! Wenn du durchgegangen bist, bist du wieder in der normalen Welt, dann kannst du dein Leben weiterführen.“ Lissy hatte große Angst, aber schließlich ging sie hindurch. Doch als sie angekommen war, war alles ganz anders.

Als sie nach ein paar Stunden den dunklen Tunnel verlassen hatte, rieb sie sich zunächst die Augen und musste sich erst wieder an das Tageslicht gewöhnen. Wo war sie? Ungläubig schaute sie sich um: Ringsherum war nur Sand, so weit das Auge reichte. Kein Mensch weit und breit, keine Häuser, keine Straßen. Nur Sand. War sie in einer Wüste? Hier gab es nichts zu essen und zu trinken. Und auch keinen Schatten, nur brennende Sonne. Lissy bekam Todesangst: Hier würde sie bestimmt verhungern und verdursten. Was sollte sie bloß tun? Sie setzte sich in den Sand und fing an, bitterlich zu weinen. Da kam ein Geier geflogen. Aber er war ein freundlicher Kerl und fragte, ob Lissy sich verirrt habe. Lissy nickte und schluchzte weiter. “Du hast sehr schöne lange Zöpfe!“, meinte der Geier. Da durchfuhr es Lissy: Mensch, wenn sie wieder an ihren Zöpfen zupfen würde – vielleicht käme sie dann weg aus dieser Wüste! Also zupfte sie an den Zöpfen, und plötzlich …

Kapitel III: Ein Monster ohne Chance

...bemerkte sie, dass sie in einem dunklen Raum war. Dort hörte sie Treppengeräusche, Blitze, Donner und Regen. Auf einmal schien ein Licht sehr hell. Aber was war das? In ihre Ohren drang ein furchtbares Geräusch. Es war eine Melodie, ein fürchterliches Lied, und zwar: …

„Donner und Blitze
sind keine Witze,
und auch der Regen
wird alles wegfegen
bis in die letzte Ritze.“
Lissy erschrak so sehr, dass sie anfing zu zittern. Wo war sie gelandet? Immer wieder erhellten die Blitze den Raum, die Donner krachten und der Regen prasselte gegen die Fenster. Aber was bedeuteten die Geräusche auf der Treppe? Lissy versuchte, beim nächsten Blitz etwas in dem Raum zu erkennen.

Tatsächlich sah sie einen Schatten. Doch dann verschwand der Schatten. Lissy hörte wieder diese Treppengeräusche und diese Melodie. Sie fing bitterlich an zu weinen und dachte: „Wieso wollte ich nur von diesem Land weg? Ich wünschte, die Schlange wäre jetzt hier!“ Doch plötzlich öffnete sich die Tür und da kam ein MONSTER.

Es hatte sechs Arme, fünf Beine, Haare am ganzen Körper, und aus seinen drei Ohren quoll grüner Seifenschaum. Sein oranger Bauchnabel sah aus wie eine aufgequollene Apfelsine, die bald platzen würde. Und mit seinem drei Meter langen Schwanz wirbelte das Monster ständig im Kreis herum. Dabei grunzte es diese Melodie, die Lissy schon vorher gehört hatte. Sie hatte fürchterliche Angst und wollte sich irgendwo verstecken, aber sie fand nichts. Jetzt kam das Monster auf sie zu. War das ein menschenfressendes Ungeheuer? In ihrer Todesangst zog Lissy an ihren Zöpfen, und plötzlich befand sie sich wieder zu Hause in ihrem Bett. Sie war schweißgebadet, und draußen war es schon hell. Sie müsste bald aufstehen, frühstücken und in die Schule gehen. Meine Güte, war das eine abenteuerliche Nacht gewesen!