Kids & Teens

Traumfänger

Kapitel I: Ausflug in den Freizeitpark

Im Kinderzimmer gibt es einen Traumfänger. Das ist ein kleiner unsichtbarer Kobold. Nachts legt er sich auf die Lauer und passt auf, was die Kinder träumen. Das kann er nämlich sehen, weil die Träume immer durchs Zimmer huschen. Und wenn es schlechte Träume sind, nimmt er seinen Kescher und fängt sie ein, damit die Kinder im Schlaf keine Angst mehr haben. Die gefangenen Träume steckt er in einen Sack. Und dann verzaubert er sie in gute Träume.
Susi hat heute Nacht einen schönen Traum. Sie träumt von einer bunten Blumenwiese mit vielen Schmetterlingen und Libellen. - Aber ihr Bruder Felix träumt heute überhaupt nicht gut. In seinem Traum gibt es böse Ritter, die ihn verfolgen und ihn in ein verhextes Geisterschloss bringen wollen. Felix rennt und rennt; er hat fürchterliche Angst und will nicht in einem Geisterschloss eingesperrt werden. Aber die bösen Ritter kommen immer näher.
Na wartet, denkt der Traumfänger, euch werd' ich zeigen, wo ihr hingehört! Blitzschnell wirbelt er mit seinem Kescher durch das Kinderzimmer – und fängt die Bösewichte ein. Rein mit euch in den Sack! Dann verzaubert er die bösen Ritter in Hamster und Meerschweinchen. Danach öffnet er den Sack wieder und lässt den Traum frei.
Doch in der nächsten Nacht träumen Felix und Susi wieder etwas.

Felix träumt von einem Ausflug in den Freizeitpark. Er sieht eine Wildwasserbahn, die er gerne mal fahren möchte. Er hat viel Geld und fährt deswegen viermal. Er zappelt im Bett ganz wild herum, weil ihm die Wildwasserbahn so großen Spaß macht. Plötzlich fällt er aus dem Bett und haut sich furchtbar am Boden an. Erschrocken wacht er auf und  wundert sich, warum er nicht im Freizeitpark ist. Dann versteht er, dass er nur geträumt hat. Susi träumt von schönen, zahmen  Ponys. Eines davon ist braun mit weißen  Flecken. Ein anderes ist schwarz-weiß gescheckt. Susi reitet auf dem braunen mit weißen Flecken. Es ist sehr schön, durch den Parcours zu reiten.

Kapitel II: Das wildgewordene Pony

Felix kriecht zurück in sein Bett und versucht wieder einzuschlafen. Die Nacht hatte ja gerade erst begonnen. Und Susi träumt weiter vom Reiten auf dem braunen Pony. Der Traumfänger hatte noch nichts zu tun bekommen, weil die Träume der Kinder ja bisher schön waren. Doch das ändert sich blitzschnell: Susis Pony bekommt plötzlich einen Anfall und rast los, raus aus dem Parcours. Susi kann es nicht stoppen. Das Pony rennt und rennt. Susi hält sich krampfhaft fest und muss aufpassen, dass sie nicht runterfällt. Nach einer Weile erreichen sie die Stadt. Das Pony rennt zwischen den Autos hindurch und überholt alle. Von einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h hatte es wohl noch nichts gehört. Und auch rote Ampeln sind ihm unbekannt.

Dann stoppt das Pony plötzlich. Susi schreit: "Was ist denn mit dir los?" Und wieder rennt das Pony los. "Das ist alles sehr seltsam", denkt sich Susi. "Was soll ich nur tun?", murmelt sie verwundert. Mittlerweile sind sie schon wieder auf dem Weg aus der Stadt. "Wo will es nur hin?", fragt sie sich. Plötzlich bleibt  das Pony wieder mit einem kräftigen Ruck stehen. Das erschrockene Mädchen atmet tief durch. "Jetzt muss ich das Pony erst mal beruhigen!" Doch sie hat den Satz noch nicht ganz ausgesprochen, da …

… wacht sie auf. Der Traumfänger hatte Mitleid mit Susi und ihrem verrückten Pony gehabt und den Traum eingefangen. 'Schade', denkt Susi, 'vielleicht hätte ich das Pony ja beruhigen können. Dann wären wir ganz friedlich zur Koppel zurück gelaufen.' Und sie versucht wieder einzuschlafen, um den Traum möglicherweise weiterzuträumen. Inzwischen passiert aber in Felix' Traum etwas: Nach der Wildwasserbahn geht er zum Kettenkarussell. Das mag er auch sehr. Es dreht sich sehr schnell, immer hoch und runter im Kreis. Doch plötzlich löst sich die Kette, an der sein Sitz befestigt ist, und er fliegt auf und davon, immer höher und höher.

Kapitel III: Der falsche Arzt

“Ohhh!!! Was soll ich nur tun? Hilfeeeeeee“, schreit Felix, bevor er wie ein Stein zu Boden fällt. Vor lauter Schock weint er und seine Zähne klappern. Dann sieht er, dass überall Blut ist, sehr viel sogar. Er muss ins   Klinikum gebracht werden. Eine alte Dame ruft den Krankenwagen an. Im Klinikum angekommen, ist auch schon seine Mama mit Susi da.“Was machst du denn für Sachen?“, fragt seine Mama. Felix antwortet nur: “Auuuaa, das tut so weehh!!!“ Susi sieht weg und kreischt: „Iiihhh.“  Der Arzt kommt herein und die drei staunen:

Das ist gar kein richtiger Arzt! Es ist ein kleines verschrumpeltes Männchen, nur ungefähr so groß wie ein Putzeimer. Statt eines weißen Arztkittels trägt es einen Jogging-Anzug. Und in der rechten Hand hält es einen Kescher, mit dem es durch die Luft wirbelt. Felix liegt im Krankenbett und jammert vor Schmerzen. Doch urplötzlich sind diese Schmerzen weg, einfach so. Er schaut an sich herunter: Auch die Wunden, die so stark geblutet hatten, sind verschwunden. Und wo sind Mama und Susi? Ebenfalls nicht mehr da! Und das verschrumpelte Männchen mit dem Kescher? Das hat sich in Luft aufgelöst. Moment mal: Ist das denn hier überhaupt ein Krankenzimmer? Felix reibt sich die Augen und schaut sich um – nein, er ist nicht im Krankenhaus. Er ist zu Hause im Kinderzimmer! Und seine Schwester Susi schläft tief und fest. 'Meine Güte', denkt Felix, 'wie gut, dass es einen Traumfänger gibt!'